Kurz vor dem Ende der Praxissprechzeit läutete das Telefon. Eine junge Frau berichtete aufgeregt, dass ihr 2 Jahre alter Kater, eine Sibirische Waldkatze, bei der Jagd nach Spatzen vom Balkon des 4. Stockes gefallen sei. Ihr Paulchen würde jetzt das rechte Hinterbein nachziehen und hätte sich hinter einer Hecke versteckt. Ich riet ihr, direkt meine Praxis aufzusuchen.
Kurze Zeit später stand der Korb mit dem hellgrau-getigerten Kater auf meinem Behandlungstisch. Das arme Tier atmete schwer, zeigte ein gedämpftes Allgemeinverhalten und konnte nicht stehen. Er war im Schockzustand. Ich leitete sofort Maßnahmen gegen den Schock ein.
Knochenbruch Katze
Bei der sich anschließenden klinisch- orthopädischen Untersuchung stellte ich fest, dass Fragmente des Oberschenkelknochens hör- und fühlbar aneinander rieben (Krepitation). Spätere Röntgenaufnahmen des Skelettes der Katze bestätigten eine Trümmerfraktur (Bruch) des rechten Oberschenkelknochens und auch eine Spiralfraktur des gleichseitigen Unterschenkelknochens.
Eine Übersichtsaufnahme des gesamten Körpers zeigte, dass – wie durch ein Wunder – keine lebenswichtigen Organe wie z.B. das Zwerchfell oder die Blase beschädigt worden waren. Wie bei Katzen allgemein üblich, hatte es wohl auch mein Patient geschafft, auf seinen vier Pfoten zu landen. Nur so war der relativ glimpfliche Ausgang des Falls zu erklären.
Ich versorgte das Tier mit starken Schmerzmitteln und einem Antibiotikum. Sofort am nächsten Tag wurden beide Frakturen durch eine Osteosynthese mit Platten, Schrauben, Nägeln und Cerklagen/Umschlingungen chirurgisch versorgt.
Nach der OP durfte Paulchen wieder zu seiner Besitzerin. Die Prognose ist gut – er wird wieder vollständig und ohne Funktionseinschränkungen genesen. Möglichkeiten zu weiteren Jagdversuchen wird es nicht mehr geben. Der Balkon wurde von der Besitzerin mit einem Netz ausgestattet.