Auf meinem Behandlungstisch saß ein großer Mischlingshund. Seit zwei Tagen, so berichtete die Besitzerin, würde er nicht fressen und hätte blutigen Speichelausfluss. Angefangen hatte das direkt nach einem ausgedehnten Waldspaziergang. Der Hund hätte wie immer begeistert Stöckchen apportiert…dann hätte er plötzlich aufgejault, kein Interesse mehr am Spiel gezeigt und sich zu Hause sofort zurückgezogen.
So gern die lauffreudigen Vierbeiniger auch geworfene Dinge zu ihren Besitzern zurückbringen – ein Stöckchen aus Holz ist eine denkbar schlechte Wahl. Es bleibt gern im weichen Boden stecken und der Hund läuft mit der Wucht der Begeisterung direkt mit offenem Maul dagegen. Der Stock bricht in der Mundhöhle ab – und Splitter verbleiben im Gewebe. Wird diese zunächst für den Besitzer nicht direkt erkennbare Verletzung nicht schnell behandelt, wird der notwendige tierärztliche Eingriff wesentlich erschwert. Das Gewebe schwillt an und entzündet sich. Gegebenenfalls bricht durch den Blutverlust der Kreislauf des Patienten zusammen und sogar Atemnot ist möglich.
Einen ähnlich akuten Notfall hatte ich nun vor mir. Ich legte den Hund in Narkose (Inhalationsnarkose) und untersuchte die Mundhöhle genau. Der Stock hatte sich tief in die Unterzungenmuskulatur gespießt. Ich entfernte die Holzsplitter aus der Wunde. Sie waren teilweise in das Gewebe eingedrungen und somit schwer auffindbar. Anschließend spülte ich die Wunde mehrmals intensiv mit einer Kochsalzlösung. Danach nähte ich die Wunde in mehreren Schichten. Gegen die Schmerzen und um ein weiteres Anschwellen der Verletzung zu vermeiden, verabreichte ich entsprechende Medikamente.
Nach nur zwei Tagen hatte sich mein Patient erholt und konnte sein Fressen wieder schmerzlos zu sich nehmen. Stöckchen Werfen spielt er immer noch gern. Die Besitzerin nimmt aber nun eine Frisbeescheibe oder einen Strick von zu Hause mit. Auch wenn sie ihn selbst suchen muss, sofern ihr Vierbeiner keine Lust mehr zum Apportieren hat. Kein zu hoher Preis für die Gesundheit des Tieres!